Qigong

„Lasse den Patienten fortlaufend Übungen des Führens und Ziehens machen und lasse ihn Medikamente nehmen. Medikamente alleine sind zur Behandlung nicht ausreichend.“
—Huángdì Nèijīng Su Wen 黃帝內經素問

In China wurde der Gesundheit und einem langen Leben schon früh eine große Bedeutung beigemessen und wurden in diesem Zusammenhang auch schon vor Tausenden von Jahren Leibübungen durchgeführt. Bereits im ältesten überlieferten Werk der chinesischen Medizin, dem Inneren Klassiker des Gelben Gottherrschers, grundlegende Fragen (黃帝內經素問, Huángdì Nèijīng Su Wen), das etwa auf das Jahr 200 vor der Zeitenwende (v. d. Z.) datiert wird, finden sich Hinweise auf Leibübungen zur Behandlung von Krankheiten. Frühe Hinweise wurden auch in den 1970er Jahren in Mawangdui in einem Grab aus der frühen Han-Zeit entdeckt. Auf einer auf das Jahr 168 v. d. Z. datierten Seidenmalerei fanden sich 44 Abbildungen von Menschen in den unterschiedlichsten Positionen sowie Beschreibungen von Übungen zur Gesunderhaltung und Krankheitsbehandlung. Leider ist die Seidenmalerei nicht vollständig erhalten; sie ist heute im Provinzmuseum Hunan ausgestellt.

Zeichnung des Daoyin (Schaubild der Körperübungen).
Zeichnung des Daoyin (Schaubild der Körperübungen). Photo © Provinzmuseum Hunan.

Während der nächsten Jahrhunderte und Jahrtausende haben sich die unterschiedlichsten Arten von Leibübungen entwickelt und die Wirren der chinesischen Geschichte auch dadurch überstanden, dass sie häufig nicht schriftlich überliefert wurden, sondern direkt vom Meister zu seinen Schülern weitergegeben wurden. Diese Übungen trugen die verschiedensten Bezeichnungen; der Begriff Qigong hat sich in China erst in den 1950er Jahren durchgesetzt. Qigong ist neben Akupunktur und Moxibustion, Arzneimitteltherapie, Heilmassage (推拏/推拿, tuīná) und Ernährungslehre mittlerweile auch im Westen als eine der Fünf Säulen der sogenannten Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) bekannt.

Die chinesischen Schriftzeichen für "Qigong ".

Das Wort „Qigong“ (氣功/气功, qìgōng) besteht aus den zwei chinesischen Begriffen (氣/气) und gōng (功). In der TCM wird häufig mit „Energie“ übersetzt. Dafür gibt es allerdings keine historischen Belege. In den klassischen Werken der chinesischen Heilkunde, wie zum Beispiel dem Su Wen, wird vielmehr in unterschiedlichen Zusammenhängen benutzt. Danach zirkuliert es beispielsweise ähnlich dem Blut durch den menschlichen Körper, kann aber im Gegensatz zu Blut mit der Atmung oder der Nahrung aufgenommen werden. Es wird jedoch auch in weitaus anderen Bedeutungszusammenhängen verwendet:

人以天地之氣生/人以天地之气生
rén yǐ tiān dì zhī qì sheng
„Der Mensch erhält sein Leben aus den Qi von Himmel und Erde.“
—Huángdì Nèijīng Su Wen 黃帝內經素問

Das Konzept des lässt sich vielleicht ganz allgemein als etwas beschreiben, das überall und in den unterschiedlichsten Formen existiert. Als etwas, das bisher nicht unbedingt eine physikalische Realität hat, aber mit dem unterschiedliche Phänomene beschrieben werden können.

Die zweite Silbe des Wortes „Qigong“, der chinesische Begriff gōng, bedeutet „Arbeit“, aber auch „Fähigkeit“ oder „Können“. Qìgōng lässt sich dementsprechend als „Arbeit am oder mit dem Qi“ oder auch als „die Fähigkeit oder das Können mit dem Qi umzugehen“ verstehen. Manchmal wird Qìgōng auch einfach als „Qi-Übungen“ übersetzt. In der chinesischen Heilkunde ist ein harmonischer Qi-Fluss wichtig und es wird davon ausgegangen, dass Störungen desselben zu Krankheiten führen können.